Informationen für Eltern

Es gibt viele verschiedene Situationen, aus denen Kinder zu uns in eine Pflegefamilie kommen.

  • Vielleicht haben Sie die Erfahrung gemacht, dass Kindererziehung viel Kraft und Geduld erfordert und Sie keine Energie mehr haben.
  • Vielleicht haben Sie gesundheitliche Probleme.
  • Vielleicht haben Sie Schwierigkeiten mit Ihrem Partner oder mit Ihrer Partnerin oder den Verwandten.
  • Vielleicht zeigt das Kind schwieriges Verhalten, das Sie nicht mehr ertragen.
  • Vielleicht sind Sie oft mutlos und traurig.
  • Vielleicht bestimmen die Behörden, dass Sie nicht mehr selbst zu Ihrem Kind schauen können.

Vielen Eltern fällt es sehr schwer, sich mit der Tatsache zu befassen, dass sie ihr Kind nicht selbst betreuen und erziehen können, andere Eltern sind froh um Entlastung. Viele Eltern haben Angst, ihr Kind zu «verlieren».

Unsere Erfahrungen zeigen, dass Eltern für die Kinder immer sehr wichtig bleiben und wir unterstützen es sehr, gute Eltern-Kind-Zeiten auch während den Aufenthalten in unseren Pflegefamilien zu ermöglichen.

Die Zusammenarbeit mit Ihnen als engste Bezugspersonen Ihres Kindes ist uns sehr wichtig.

Wir möchten Sie entlasten und Ihr Kind in seiner Entwicklung fördern.

Wir besprechen mit Ihnen und allen anderen Beteiligten gemeinsam und regelmässig die Entwicklung Ihres Kindes.

Wir unterstützen den Kontakt und die Beziehung Ihres Kindes zu Ihnen wenn immer möglich und wenn Ihre Situation es erlaubt.

Welche Hilfestellungen braucht Ihr Kind in der nächsten Zeit?

Worauf legen Sie Wert in der Erziehung? Worauf sollen wir besonders gut achten?

Was sind Ihre Erwartungen?

Wird Ihr Kind wieder zu Ihnen zurückkehren? Was soll sich in diesem Fall verändern?

Wie oft möchten Sie ihr Kind sehen und was sagt Ihr Kind dazu?

Wie möchten Sie mit uns zusammenarbeiten?

Sicher haben Sie weitere Fragen, die Sie uns stellen möchten. Wir besprechen diese gerne mit Ihnen.

Zuerst haben Sie Kontakt zu unserer Pädagogischen Leitung. Mit ihr und mit allen Beteiligten besprechen Sie die mögliche Aufnahme in eine Pflegefamilie. Dann lernen Sie die Pflegefamilie kennen. Sie können sie auch besuchen. Anschliessend kommt es zum Aufnahmegespräch, an dem wir den Aufnahmevertrag mit allen Regelungen rund um den Aufenthalt besprechen. Ein wichtiges Thema ist dabei die Zielsetzung des Aufenthalts in der Pflegefamilie. Dann planen wir, wie sich das Kind eingewöhnen kann. Sie können viel dazu beitragen, Ihrem Kind den Übergang zu erleichtern. Bei Notaufnahmen ist eine längere Eingewöhnung meist nicht möglich. Wann immer möglich, führen wir ein Aufnahmegespräch durch.

Alle Pflegeeltern haben wir nach einem sorgfältigen und intensiven Bewerbungsverfahren mit vier Bewerbungsgesprächen ausgewählt. Sie absolvieren eine einführende, mehrtägige Ausbildung bei uns, bevor sie bei uns angestellt werden und Pflegekinder aufnehmen. 

In regelmässigen Standortgesprächen, an welchen Sie, die Pflegeeltern, eine Beistandsperson und oft auch Ihr Kind teilnimmt, besprechen wir zusammen die aktuellen Fragen rund um Ihr Kind. Das Gespräch wird durch unsere Pädagogische Leitung moderiert. Ihr Kind entscheidet mit, ob es am Gespräch dabei ist. Falls nicht, wird das Gespräch mit Ihrem Kind vor- und nachbereitet, damit Anliegen des Kindes im Gespräch mit Ihnen thematisiert werden können. 

Je nach Situation haben Sie auch regelmässigen Kontakt mit Ihrem Kind zum Beispiel in Form von Elternkontakten. Wir unterstützen Sie und Ihr Kind darin, die Beziehung weiterhin aufrecht zu erhalten. Wenn eine Beistandschaft besteht, kann es in bestimmten Situationen (z. B. wenn Sie gegenüber Ihrem Kind gewalttätig waren) vorkommen, dass der Kontakt vorübergehend oder längerfristig nicht stattfinden kann. Bei diesen Schritten ist jeweils die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde involviert. Wichtig ist uns, dass Sie und Ihr Kind gute gemeinsame Zeiten haben, wenn diese stattfinden. 

Auch in anspruchsvolleren Zeiten möchten wir mit Ihnen im Gespräch bleiben. Wir möchten, dass Ihr Kind sich bei den Pflegeeltern wohlfühlt und auch zu Ihnen ein gutes Verhältnis hat. Damit dies gelingen kann, brauchen wir Ihre Mitarbeit und Unterstützung. So helfen Sie Ihrem Kind, sich gut entwickeln zu können.

Kinder an mittel- oder langfristigen Pflegeplätzen leben mindestens zwei Jahre, maximal bis zum Ende der Erstausbildung in der Pflegefamilie.

Interview mit Levon (langfristige Aufnahme): Levon, 15 Jahre, lebt seit 5 Jahren in einer Pflegefamilie. Seine Eltern kämpfen seit vielen Jahren gegen ihre Suchtprobleme. Die Mutter konsumierte harte Drogen, der Vater Alkohol. Beide Eltern haben mehrfach einen Entzug gemacht und versuchen immer wieder, Stabilität in ihr Leben zu bringen. Levon lebte kurze Zeit bei seinen Eltern, später bei Verwandten. Jetzt lebt er seit 5 Jahren in einer unserer Pflegefamilien. Zu den Eltern hat er regelmässigen Kontakt.

Weißt du, was der Grund war, wieso du damals in eine Pflegefamilie gekommen bist? War dies rückwirkend gesehen eine gute, sinnvolle Entscheidung?

Levon: Wegen Mami und Papi. Weil sie Drogen genommen haben. Es ging bei uns Zuhause nicht so gut und dies hat mich bedrückt. Ja, das war eine richtige Entscheidung.

Wie ordnest du den Aufenthalt in der Pflegefamilie rückblickend in dein Leben ein? Was erlebst du positiv, was eher belastend?

Levon: Es geht. Das Beste ist es nicht gewesen, ich wäre lieber bei meinen Eltern geblieben. Positiv daran war/ist, dass ich die schwierigen Situationen zu Hause mit Mami und Papi nicht miterleben musste. Belastend ist, dass ich Mami und Papi nicht viel sehen kann.

Was gefällt dir am Leben in der Pflegefamilie, was vermisst du? Was ist für dich das Tollste in der Pflegefamilie?

Levon: In der Pflegefamilie gefällt mir, dass ich in einer Familie leben kann. Sie haben mich gut aufgenommen und ich lebe gerne da. Vermissen tue ich meine Eltern. Ich möchte gerne mehr in ihrer Nähe sein. Das Tollste ist, dass wir gemeinsame Ausflüge mit der Pflegefamilie machen.

Wer und was unterstützt dich im Alltag und hilft dir in guten wie in schwierigen Zeiten?

Levon: Mit den Eltern kann ich über meine Probleme reden, sie helfen mir, dass es mir nachher besser geht. Am liebsten bin ich alleine, wenn es mir mal nicht so gut geht, manchmal boxe ich auch in den Boxsack.

Wie erlebst du die Pflegeeltern und die Pflegegeschwister und die Kinder im Dorf?

Levon: Meistens ist der Kontakt zu den Pflegeeltern und den Pflegegeschwistern gut. Mir geht es gut in der Pflegefamilie, wir haben gute sowie schlechte Zeiten miteinander. In der Schule habe ich gute Kollegen.

Welchen Tipp würdest du einem anderen Kind geben, welches kurz davor ist, in eine Pflegefamilie aufgenommen zu werden?

Levon: Mein Tipp ist: Respektiere die Pflegeeltern.

Was möchtest du sonst noch sagen? Was sollen wir verändern resp. sicher nicht verändern?

Levon: Die Standortgespräche müssten nicht sein, ändern kann man an diesen Gesprächen sowieso nicht viel. Die Fachstelle Kinderbetreuung setzt sich für mich ein. Ich merke, dass sich meine Pädagogische Leitung für mich interessiert, er schaut, dass es mir gut geht.

Kurzfristig und in der Regel für maximal ein halbes Jahr werden Kinder und Jugendliche in speziell ausgebildete Pflegefamilien aufgenommen. Ziel ist es unter anderem, während dieser Zeit eine gute Folgelösung zu finden.

Interview mit Milva (Notaufnahme): Milva, 15 Jahre, lebte 8 Monate in einer Notaufnahmepflegefamilie. Milva lebte die ersten 12 Lebensjahre in ihrem Heimatland Tunesien. Die ersten zwei Jahre lebte sie mit ihrer Mutter, diese emigrierte danach in die Schweiz und Milva lebte zehn Jahre bei ihrer Grossmutter. Mit 12 Jahren holte die Mutter Milva in die Schweiz zu sich und ihrem Partner. Die neue Familienkonstellation war für alle eine riesige Herausforderung. Milva freute sich, wieder mit ihrer Mutter zusammen zu leben, trotzdem war sie für Milva eine Fremde, die sie in den vergangenen 10 Jahren nur zweimal gesehen hatte. Milva steckte in der Pubertät, in einem ihr unbekannten Land, mit einem Stiefvater und ihrer Mutter, die sie kaum kannte. Es kam zu Schwierigkeiten in der Schule und zu massiven Konflikten zuhause.

Weißt du, was der Grund war, wieso du in eine Pflegefamilie gekommen bist? War dies rückwirkend gesehen aus deiner Sicht eine gute, sinnvolle Entscheidung der zuständigen Fachpersonen und/oder deiner Eltern?

Milva: Ja, es war eine gut Entscheidung. Ich hatte zuhause oft Streit mit meinem Stiefvater und meiner Mutter gehorchte ich oft nicht. Auch meine Mutter hatte oft wegen mir Streit mit meinem Stiefvater. Sie wollte sich von ihm trennen. Sie fragte mich, ob ich damit einverstanden sei eine Zeit in einer Pflegefamilie zu leben. Ich entschied mich dafür. Rückblickend betrachtend wäre ich lieber direkt in ein Heim gegangen. Damals konnte ich mir dies nicht vorstellen und auch meine Mutter wollte das nicht.

Wie ordnest du den Aufenthalt in der Pflegefamilie rückblickend in dein Leben ein? Was erlebst du positiv, was eher belastend?

Milva: Ich hatte Mühe mich auf etwas Neues einzulassen. Meine Mutter nur selten zu sehen war schwierig. Ich habe sie vermisst. Manchmal fühlte ich mich einsam. Die Pflegeeltern waren für mich unbekannt. Sie lebten ein zufriedenes Leben und hatten keine Probleme. Ich dagegen kam zu ihnen mit meinen Schwierigkeiten. Ich passte mich an, konnte mich aber nicht richtig einlassen. Eigentlich hatte ich es gut. Oft hatten wir auch Spass. Wir unternahmen viele Ausfahrten und Ausflüge mit dem Velo zu Fuss oder mit dem Wohnwagen.

Wer und was hat dir damals geholfen, in guten wie in schwierigen Zeiten? Was war unterstützend für dich?

Milva: Es war für mich schwierig mit den Pflegeeltern über meine Probleme zu sprechen. Ich weiss nicht genau warum. Ich war halt nicht ihre eigene Tochter. Für mich war es schwierig, wenn sie miteinander über meine Probleme sprachen. Häufig war ich mit der jüngeren Tochter der Pflegefamilie zusammen. Wir verstanden uns sehr gut und hatten es oft lustig. Heute gelingt es mir besser über meine Probleme zu sprechen, das hilft mir.

Wie ist dein Kontakt heute zu deinen damaligen Pflegeeltern und den Pflegegeschwistern? Zu den damaligen Kollegen und Kolleginnen aus dem Quartier, der Schule?

Milva: Ich habe noch gelegentlich Kontakt mit Sandra meiner Pflegeschwester. Sie hat mich auch schon einmal besucht. Ansonsten schreibe ich noch mit Kolleg:innen von damals.

Welchen Rat oder Tipp würdest du einem anderen Kind geben, welches kurz davor ist, in eine Pflegefamilie aufgenommen zu werden?

Milva: Versuche positiv zu denken. Vielleicht wird es ja eine gute Zeit für dich und es gefällt dir gut. Denk daran, dass man über alles sprechen kann und auch sagen darf, wenn einem etwas nicht gefällt.

Was möchtest du mir sonst noch sagen zu deiner Zeit in der Pflegefamilie? Was sollen wir verändern resp. sicher nicht verändern?

Milva: Es ist sicher gut, dass es Familien gibt die Kinder aufnehmen. Vielleicht sind Pflegefamilien für kleinere Kinder idealer und ist es für Jugendliche besser in einer Institution zu sein. Es ist wichtig, dass die Pflegeeltern nachfragen, wenn ein Pflegekind traurig ist, auch wenn es nicht viel sagt.

Die Pflegefamilie nimmt 1 bis 2 Kinder auf und die Kinder bleiben in der Regel mindestens zwei Jahre in der Pflegefamilie. Je nach Situation der Eltern besuchen die Kinder ihre Eltern an Wochenenden und in Ferien.

Interview mit Vater und Mutter von Lukas: Der Vater des heute 7-jährigen Lukas hat eine Lernbehinderung, die Mutter eine leichte Behinderung. Sie arbeiten tagsüber in den Werkstätten der Stiftung Brändi. Lukas haben sie die ersten 18 Monate selbst betreut, anschliessend wurde Lukas in eine Pflegefamilie aufgenommen. Die Eltern haben Lukas regelmässig an den Wochenenden und teilweise in den Ferien bei sich zu Hause und werden dabei von der Pro Infirmis (Begleitetes Wohnen) unterstützt.

Wie ist es dazu gekommen, dass Lukas in einer Pflegefamilie lebt?

Herr Huwyler: Lukas lebte fast 18 Monate bei uns und wir schauten zu ihm. Ich arbeitete und meine Partnerin kümmerte sich den ganzen Tag um Lukas. Eine Frau von Pro Infirmis kam mehrmals in der Woche vorbei und unterstützte uns. Es war nicht nur einfach diese Zeit, mit Haushalt und Kind und der Arbeit.

Frau Huwyler: Die Beiständin von Lukas legte uns nahe, Lukas in eine Pflegefamilie zu geben. Wir bedauern es bis heute, dass uns keine anderen Betreuungsangebote und Möglichkeiten angeboten wurden. Eigentlich wollten wir dies ja nicht, aber schliesslich kam Lukas in eine Pflegefamilie.

Wie gestalten Sie den Kontakt zu Lukas?

Frau Huwyler: Lukas verbringt alle 2 Wochen ein Wochenende bei uns. Am Samstagmorgen machen wir gemeinsam einen Ausflug, den wir mit der Frau von der Pro Infirmis vorbereiten, z. B. ins Museum, Verkehrshaus, Enten füttern, Krienseregg, usw. Wir freuen uns immer sehr, wenn Lukas bei uns ist und dass er gesund ist. Schwierig ist es nur nach den Wochenenden, wenn wir Lukas dazu motivieren müssen, wieder in die Pflegefamilie zurückzugehen. Es hilft ihm, wenn wir ihn dann auf die Schule und seine Klassenkameraden aufmerksam machen, da er sehr gerne in die Schule geht.

Wie können Sie Lukas helfen, diese Situation positiv zu erleben?

Frau Huwyler: Wir motivieren ihn immer wieder, dass er ja bei den anderen Kindern der Pflegefamilie sein kann, denn er mag diese sehr. Wir erklären ihm auch, dass er mehr lernen kann, wenn er in der Pflegefamilie lebt.

Was finden Sie am Schwierigsten daran, dass Lukas nicht bei Ihnen lebt?

Herr Huwyler: Das Schwierigste ist für uns, das Hin und Her: Wenn Lukas kommt, mit ihm wieder einen guten Kontakt herstellen und dann nach dem Wochenende ihn wieder loslassen und zurückbringen. Mir ist die Zeit immer zu kurz.

Von wem werden Sie unterstützt, um mit dieser anspruchsvollen Situation besser umgehen zu können?

Frau Huwyler: Die Mitarbeiterin der Pro Infirmis hilft uns viel, ebenso haben wir guten Kontakt zur Mitarbeiterin der Fachstelle Kinderbetreuung und zu den Pflegeeltern.

Kurzfristig und in der Regel für eine maximale Dauer von einem halben Jahr werden Kinder und Jugendliche in speziell ausgebildete Pflegefamilien aufgenommen. 

Interview mit Familie Müller: Frau Müller ist alleinerziehend und lebt mit ihren beiden Töchtern Sonja, 14-jährig und Simone, 12-jährig. Die Beziehung zu Sonja hat sich im letzten Jahr sehr verändert und war geprägt von Auseinandersetzungen und Machtkämpfen und es kam zu verschiedenen Vorfällen wie Schule schwänzen und Diebstahl. Frau Müller machte sich grosse Sorgen um Sonja. Trotz verschiedener eigener Versuche und der Hilfe der Beiständin gelang es nicht, die schwierige Situation zu verbessern. Deswegen entschied sich die Mutter zusammen mit der Beiständin für eine Notaufnahme in einer Pflegefamilie der Fachstelle Kinderbetreuung. Sonja lebte 4 Monate in der Pflegefamilie und kehrte danach wieder zu ihrer Mutter zurück.

Wie ist es dazu gekommen, dass Ihr Kind in einer Pflegefamilie lebte?

Frau Müller: Sonja respektierte mich als Mutter nicht mehr, hielt sich an keine Abmachungen und wollte mit 14 Jahren schon vieles selbstständig entscheiden. Zudem wurde sie durch den Umgang mit älteren Jugendlichen negativ beeinflusst. Ich kam als Mutter nicht mehr an Sonja heran. Nach den Vorfällen mit Diebstahl und Schulschwänzen wusste ich: Jetzt muss etwas geschehen, damit sie nicht definitiv auf die schiefe Bahn gerät.

Hatten sie während der Notaufnahmezeit Kontakt zu ihrer Tochter, was war daran schön, was eher schwierig?

Frau Müller: Zu Beginn war abgemacht, dass sich Sonja als Erste telefonisch bei mir meldet. Die Zeit bis zu diesem ersten Telefon war für mich schwierig auszuhalten. Als sie dann anrief tönte sie gut und aufgestellt, was mich sehr beruhigte. Später wurden dann Wochenenden vereinbart an denen sie wieder nach Hause kam. Schwierig waren für mich die Vorwürfe, die mir Sonja. machte. Warum musste ich weg, warum hast du mich weggegeben? Ich versuchte ihr zu erklären, dass ich das für sie gemacht habe.

Was denken Sie, war für Ihre Tochter hilfreich, während sie in der Pflegefamilie lebte?

Frau Müller: Die Pflegefamilie nahm Sonja offen auf und war bemüht und unterstützte Sonja in Schule und Freizeit. Sie nahmen sich Zeit für die Anliegen von ihr. An den Standortgesprächen war Sonja mit dabei und durfte mitreden. Von der Pflegefamilie erhielt sie immer wieder Lob für ihr Verhalten.

Wie glauben Sie, wie konnten Sie Ihrer Tochter helfen, diese Situation positiv zu erleben?

Frau Müler: Ich versuchte wieder vermehrt mit ihr ins Gespräch zu kommen und konnte auch wieder positive Gefühle ihr gegenüber empfinden.

Was fanden Sie am Schwierigsten an der Tatsache, dass Ihr Kind in dieser Zeit nicht bei Ihnen lebte?

Frau Müller: Dass ich zu Beginn warten musste, bis sich Sonja bei mir meldete, war für mich schwierig. Und ihre Vorwürfe wie z. B «Wenn Du mich gern hättest, würdest du mich nicht in eine Pflegefamilie geben!» machten mir zu schaffen, da sie Schuldgefühle bei mir auslösten.

Von wem wurden Sie unterstützt, um mit dieser anspruchsvollen Situation besser umgehen zu können?

Frau Müller: Ich hatte regelmässigen Kontakt mit der Pädagogischen Leitung der Fachstelle Kinderbetreuung. Er informierte mich über alle wichtigen Ereignisse in der Pflegefamilie und in der Schule. Zudem war es für mich eine Möglichkeit, meine eigene Situation zu besprechen.
Die Pflegefamilie begegnete mir stets zuvorkommend und positiv. Ich hatte den Eindruck, dass Sonja bei ihnen gut aufgehoben ist.

Was denken Sie: Wo wird Ihr Kind in 2 Jahren leben?

Frau Müller: Ich hoffe sehr, dass Sonja nach wie vor bei mir wohnen und am Beginn ihrer Lehre stehen wird. Die Chancen dafür schätze ich positiv ein. Sollte die Situation zu Hause wieder eskalieren würde ich auch ein zweites Mal wieder gleich reagieren.